Bericht Fachtagung Nachhaltige Beschaffung in Halle am 02.10.2014

Am 02.10. führte der Friedenskreis Halle in Kooperation mit dem EINE WELT Netzwerk Sachsen-Anhalt, dem Weltladen Halle, der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und der Stadt Halle eine Fachtagung zur nachhaltigen Beschaffung in Halle durch.

Das Programm mit Fachvorträgen und Workshops richtete sich in erster Linie an Beschaffer und Beschafferinnen aus der Praxis in Verwaltungen und ähnlichen Einrichtungen sowie an die interessierte Öffentlichkeit und Fachpublikum.
Die Fachtagung war Teil der Feierlichkeiten anlässlich des 20. Jubiläums der Stiftung Nord Süd Brücken, durch die die Veranstaltungen gefördert wurde. So blieb es Herrn Andreas Rosen von der Stiftung vorbehalten sich mit einem ersten Grußwort an die Zuhörer zu richten. Im Anschluss begrüßten Christof Starke und Ulrike Eichstädt vom Friedenskreis Halle die Teilnehmer.

Im ersten Fachvortrag führte Peter Defranceschi vom ICLEI Büro in Brüssel in die Theorie und Möglichkeiten nachhaltiger Beschaffung ein. Herrn Defranceschi gelang es von allgemeinen Herausforderungen und Produktgruppen hin zu konkreten Beispielen aus europäischen und deutschen Kommunen überzuleiten. Der Referentkonnte aufzeigen, dass nachhaltige Beschaffung in vielen Bereichen möglich ist, jedoch der Initiativen der Verantwortlichen bedarf und Information über Möglichkeiten noch stärker propagiert werden müssen.

Rechtliche Rahmenbedingungen und ökonomische Zwänge erfordern häufig individuelle Lösungen für die jeweilige Beschaffungsstelle. Herr Defranceschi sprach in diesem Kontext von einer „kreativen Beschaffung“, die nötig ist, um den genannten Einschränken auszuweichen.

Dem Vortrag folgte eine rege Diskussion, in der der Referent alle Fragen ausführlich beantwortete.
Im Anschluss berichteten die Abteilungsleiterin Logistik des Fachbereichs Verwaltungsmanagement der Stadt Halle Frau Godenrath sowie der Beauftragte für Umwelt und Entwicklung der Evangelische Kirche Mitteldeutschlands Dr. Hans-Joachim Döhring aus der Beschaffungspraxis von Kommune und Kirche.

Frau Godenrath berichtete, dass die Stadt Halle in viele Bereichen bereits ökologische Kriterien bei der Beschaffung berücksichtigt. So ist die Stadt Mehrfachsieger des Preises „Recyclingfreudlichste Stadt“ für die Umstellung auf 100% Recyclingpapier. Zwar werden soziale Kriterien bei der Beschaffung deutliche weniger berücksichtig, jedoch bleibt festzustellen, dass durch das Engagement und die Initiative einzelner Mitarbeiter in Verwaltungen positive Ergebnisse auch in klammen Kommunen zu erreichen sind.

Herr Dr. Döhring stellt in seinem Vortrag den Anspruch der Kirche der Beschaffungsrealität gegenüber. Zwar kann durchaus resümiert werden, dass sich die evangelische Kirche in vielen Bereichen auf einem guten Weg befindet, jedoch werden ähnlich wie in weltlichen Institutionen keineswegs 100% alles Produkte nachhaltig beschafft, so dass man von Seiten der Kirche an einem Austausch mit Kommunen und Ladeneinrichtungen interessiert ist.
Insgesamt zeigten die beiden Vorträge aus der Praxis erneut, dass bei Verantwortlichen und deren Vorgesetzten noch Informationsarbeit in hohem Maße erforderlich ist.

Abgeschlossen wurde die Referate am Vormittag durch Frau Iris Falke von der Rechtsanwaltskanzlei Schnutenhaus & Kollegen aus Berlin. Frau Falke erläuterte vergaberechtliche Rahmenbedingungen insbesondere nach EU-Recht. In ihrem Vortrag wurde einerseits deutlich, dass rechtlich nachhaltige Beschaffung möglich ist und bestimmte Kriterien sogar vorgeschrieben sind., auf der anderen Seite die überaus komplexe Thematik für die Verantwortlichen nicht einfach zu durchschauen ist. In der anschließenden Diskussion wurde erneut festgestellt, dass von Beschaffern und Beschafferinnen eine gewisse Kreativität nötig ist, um Vergaben rechtskonform und in einem hohen Maß nachhaltig durchzuführen.

Am Nachmittag teilten sich die Tagungsteilnehmer in drei Workshops auf, zu den Themen:
„Praxistest: Kriterien zur Berücksichtigung von ILO-Kernarbeitsnormen setzen und Nachweise erkennen“, unter der Leitung von Iris Degen (Servicestelle Kommunen in der Einen Welt)
„Die praktische Umsetzung der nachhaltigen Beschaffung in den Vergabeunterlagen“, unter der Leitung von Iris Falke)
„Nutzung von Sozial- und Ökolabeln“ unter der Leitung von Peter Defranceschi
Nach den Workshops wurden die Teilnehmer mit einem Schlusswort und der Aussicht auf der Einrichtung eines runden Tisches in Halle zur nachhaltigen Beschaffung ins lange Wochenende verabschiedet.

Insgesamt kann die Fachtagung als Erfolg angesehen werden. Auch durch die Unterstützung der Stadt ist es gelungen einer Vielzahl von Personen aus der Praxis die Möglichkeiten nachhaltiger Beschaffung aufzuzeigen. Gleichzeitig bekamen die aktiven Akteure der Zivilgesellschaft insbesondere in den Workshops Einblicke in die Herausforderungen der Beschaffungspraxis.  

Die Notwendigkeit weiter aktiv an diesem Thema zu arbeiten ist deutlich geworden. Die Einrichtung eines Runden Tisches für Praktiker und Theoretiker aus Wirtschaft, Kommune und Zivilgesellschaft scheint möglich und nötig. Die Fachtagung war ein weiterer wichtiger Schritt auf dem seit langem begonnenen Weg der Stadt Halle zu mehr Nachhaltigkeit. Trotz aller Erfolge werden die aktiven Akteure sich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass Kommune und regionale Wirtschaft ihrer globalen Verantwortung gerecht werden.